Eine interne Untersuchung der Berliner Polizei hat ergeben, dass dutzende Polizist:innen in der Hauptstadt wiederholt gegen Weisungen zum Datenschutz verstoßen haben. Darüber informiert die Behörde in einer Pressemitteilung.
Konkret geht es um Zugriffe auf das Polizeiliche Landessystem für Information, Kommunikation und Sachbearbeitung, kurz POLIKS. In Berlin haben Polizist:innen Zugriff auf mehr als 130 unterschiedliche Datenbanken. Über POLIKS können sie etwa Informationen über Adressen oder Vorstrafen von Bürger:innen einsehen. Um Missbrauch dieser umfangreichen Befugnisse besser aufklären zu können, werden die POLIKS-Zugriffe protokolliert, Beamte müssen zudem einen Grund für ihre Anfrage angeben.
Der Pressemitteilung zufolge haben 83 Polizist:innen die hierfür geltenden Vorgaben missachtet und nicht angemessen dokumentiert, warum sie Informationen über bestimmte Personen abrufen. Dabei handelt es sich offenbar um Wiederholungstäter:innen, die mehrfach gegen die Regeln verstoßen haben.
Immer wieder Datenschutzprobleme bei der Polizei
Schon 2019 hatte die Berliner Datenschutzbehörde bemängelt, dass es in diesem Bereich Probleme gibt. Damals ging es in erster Linie darum, dass die Polizei persönliche Infos von Bürger:innen rechtswidrig weiter gespeichert haben soll, obwohl sie diese hätte löschen müssen. Dabei stellte die Aufsichtsbehörde jedoch auch fest, dass Polizist:innen in das vorgesehene Feld statt einem Grund einfach „XXX“ eintrugen.
Die Berliner Polizei ist in den letzten Jahren immer wieder wegen Datenschutzproblemen in den Schlagzeilen gewesen. Unter anderem nutzte ein Polizist unrechtmäßig Informationen aus Polizeidatenbanken, um damit Drohbriefe an Personen aus der linken Szene zu schicken. Erst kürzlich informierte die Datenschutzbehörde die Öffentlichkeit darüber, dass sie im Jahr 2021 mehrere Beanstandungen gegen die Polizei ausgesprochen hat. Das rechtlich wirkungslose Instrument der Beanstandung ist das schärfste Schwert, auf das die Aufsichtsbehörde bei der Ahndung von Datenschutzproblemen bei der Polizei zurückgreifen kann.
Auch bundesweit gibt es Probleme mit dem Datenschutz bei der Polizei. Immer wieder kommen spektakuläre Fälle des Datenmissbrauchs durch Polizist:innen ans Licht. Auch im Fall der rassistischen „NSU 2.0“-Drohschreiben ist bis heute ungeklärt, wie genau ein Mann aus Berlin zahlreiche Daten von bekannten linken oder migrantisierten Personen aus Polizeidatenbanken erlangen konnte.
Vieles deutet auf strukturelle Mängel beim polizeilichen Datenschutz hin. Die EU-Kommission hat inzwischen ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet, weil dieses die europäischen Vorgaben zum Datenschutz bei Polizei und Justiz nicht vollständig umsetzt.
Disziplinarermittlungen laufen
In ihrer Pressemitteilung weist die Polizei Berlin darauf hin, dass die Verstöße gegen die Dokumentationsvorgaben nicht notwendigerweise auf illegale Abfragen deuten müssen. In den 83 Fällen sind demzufolge dienst- und disziplinarrechtliche Ermittlungen aufgenommen worden, um dies zu prüfen. In diesem Rahmen werde auch geprüft, „ob und inwieweit die Abfragen rechtmäßig waren“.
Eine kurzfristige Presseanfrage zu den Details des Prüfverfahrens blieb am Tag der Veröffentlichung dieses Artikels zunächst unbeantwortet. Offen ist etwa, nach welchem System die „turnusmäßige Kontrolle“ erfolgte. Die Pressemitteilung setzt die 83 Fälle in Relation zu den „insgesamt gut 20.000 Zugriffsberechtigten“ bei der Polizei. Es macht jedoch einen großen Unterschied, ob alle 20.000 Personen überprüft wurden oder ob die 83 Wiederholungstäter bei einer Stichprobenziehung aufgefallen sind.
Update, 28. Juli 2022: Die Polizei Berlin antwortet auf unsere Presseanfrage zum konkreten Prüfverfahren:
Wir tragen die Antwort der Polizei Berlin nach, wenn sie vorliegt.
„Die Überprüfung erfolgt im Rahmen der Konzeption für die Durchführung von Datenschutzkontrollen bei der Polizei Berlin. Im Rahmen dieser Konzeption wird eine Überprüfung der Abfragegründe und Zusatzfelder im Polizeilichen Landessystem zur Information, Kommunikation und Sachbearbeitung (POLIKS) im Rhythmus von drei Monaten vorgenommen. Dabei werden alle Abfragen, die über einen Zeitraum von einem Monat erfolgten, betreffend der im Zusatzfeld eingetragenen Abfragegründe hinsichtlich der Plausibilität ausgewertet und kontrolliert.“
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Wo bleiben die Kündigungen für Wiederholungstäter? So dreist muss man erstmal sein: Schon mal erwischt worden? Egal… weitermachen! Und dann wundern, dass man unter „Generalverdacht“ gestellt wird. Wo bleiben verpflichtende Angaben von Gründen bei ALLEN Datenabrufen? Wo bleiben Zugriffsbeschränkungen für Datenabrufe, die durch den Vorgesetzten aufgehoben werden müssen? Wieso sind die Daten von Bürgern dieses Staates Freiwild? Das macht mich einfach nur noch fassungslos alles. Wieso regelt der Gesetzgeber nicht endlich mal, dass die Datenschutzaufsicht für Behörden nicht länger lediglich Deko, aka. zahnloser Tiger ist? Die Karenzzeit sollte schon lange vorbei sein… wir brauchen endlich echte Konsequenzen sonst wird das mit dem Vertrauen nichts mehr. Im Übrigen: Wieso ist „Generalverdacht“, der sich gegen die eigene Bevölkerung richtet, immer Grund genug noch mehr Überwachung auszurollen? Wo bleibt eigentlich das so oft eingebrachte Moratorium für Überwachungsgesetze, welches die Ampelkoalition versprochen hat? Eine gewisse Bundesinnenministerin dreht genauso frei wie der gute alte Eisenbahnhorst… wie soll man seinen Kindern heute noch den Unterschied zwischen Recht und Unrecht beibringen? Deutschland schafft sich als Rechtsstaat selber ab. Unsere Überwachungsgesetze sind mittlerweile schöne Blaupausen für Despoten und Diktatoren aller Herren Länder. Man kann gar nicht so viel essen…
wie wär’s mit nem Dropdown-Menü. Da könnten ‚alle‘ Zugriffsgründe gelistet sein. Inklusive ‚XXX‘ ;)
Die Evergreens „Gefahr im Verzug“ und „Kriminalistische Erfahrung“ sollten auch nicht fehlen.
„Im Zuge der nationalen Sicherheit“ wird doch auch gern verwendet um alles durchzudrücken.
Deutschland hat ein FETTES Polizeiproblem, aber man hetzt ja Satiriker den Staatsapparat aufn Hals wenn genau das angesprochen wird, auf künstlerische Art und Weise.